Mark Brandis 01 - Boardbuch Delta VII
Ralf »Searge« Pappers:
In meiner Kindheit habe ich unsere Stadtbibliothek dermaßen ausgeräumt, das es ab einem gewissen Zeitpunkt einfach keine SF- oder andere für mich interessante Bücher mehr gab. Schon früh hatte ich den Jugendbereich verlassen um mich dem Erwachsenenbereich zu widmen, denn dort gab es diese unglaublich tollen SF-Bücher, die von fremden Welten erzählen, die Helden in ihren Raumschiffen durchs All reisten und mit fremden Lebensformen kämpften. Für meine Fantasie ein fast unerschöpfliches Betätigungsfeld. Nur wenn ich ein Karl May Buch lesen wollte, musste ich wieder in den Jugendbereich.
Eines Tages dann fiel mir dort „Mark Brandis - Bordbuch Delta VII“ in die Hände. OK, die Raumschiffe konnten nicht mit Hyperantrieb durchs All rasen, sondern schaffen es gerade mal innerhalb einer unendlich langen Zeit zur Venus. Es gab keine Strahlenwaffen und keine Außerirdischen, aber die Story war spannend geschrieben und riss mich mit. Von dem Moment an war ich ein absoluter Mark Brandis Fan, der es nicht erwarten konnte bis der nächste Band erschien. Ihr könnt euch sicherlich denken was meine Wunschliste zu Weihnachten enthielt. Und das ging so lange, bis ich mitten im Studium steckte, meine eigene Wohnung hatte und immer noch diese Jungendbücher las. Bis es plötzlich keine Ausgaben mehr gab, ohne jede Begründung. Welch ein Horror!
Von daher kann ich von mir behaupten einer der wenigen Menschen zu sein, der alle Bücher von Mark Brandis besitzt und der sogar die Möglichkeit hatte den Autor „Nikolai von Michalewsky“ zweimal persönlich zu treffen. Für einen Fan, der mit diesen Geschichten aufwuchs und die einen unauslöschbaren Eindruck hinterließen, ein absolutes Highlight. Auch mit den Machern der Mark Brandis Homepage hatte ich durch SF-Radio lockeren Kontakt. So erfuhr ich eines Tages von dem Projekt eines Hörspieles. Könnt Ihr Euch die Aufregung vorstellen, die mich da erfasste? Der Held meiner Jungend sollte als Hörspiel wieder erscheinen! Wie wollten die Macher das umsetzen? Immerhin war Band 1 satte 37 Jahre alt. Da war selbst die damalige Hochtechnik vollkommen veraltet und einige Begriffe sind aus dem heutigen Sprachgebrauch verschwunden.
Dann war sie da, die CD. Das Abenteuer aus der Welt von Morgen war im heutigen Hörspielleben angekommen. Meine Herren war ich aufgeregt und dann ging es los.
Als die 62 Minuten rum waren, war ich selig. Die Helden aus längst vergangenen Tagen waren wieder auferstanden. In einem Gewand, der sich nicht im modernen SF-Hörspieldschungel zu verstecken brauchte. Die Raumschiffe waren natürlich immer noch grottenlangsam, aber trotzdem verdammt nah an unserer heutigen Technikzeit und gleichzeitig in der Zukunft. Die notwendigen Modernisierungen der Macher waren in einem Rahmen gehalten, der sich sehen lassen konnte. Die alte Sprache war modernisiert und auch die alte Technik war behutsam an unsere heutige Zeit angepasst worden. Natürlich gab es einige Leute die sich darüber aufregten das die Besatzung mit einen sprechenden Bordcomputer kommunizierte. Aber mal ehrlich, die Technik schreitet fort und eine Sprachsteuerung ist manchmal einfach nur praktisch, vor allem in einem Hörspiel. Von daher eine natürliche Entwicklung, die einfach passte.
Bis auf eine einzige Ausnahme waren die Sprecher wunderbar ausgewählt und passten hervorragend zum Charakter. Einzig der Navigator „Iwan Stroganow“ enttäuscht ein wenig. Er wirkt so als wenn er seine Aufnahmen separat, ohne die Interaktion mit den anderen Sprechern, aufgenommen hätte. Wie ich inzwischen erfahren habe war es seine erste Arbeit in einem Hörspiel und er soll im zweiten Teil wesentlich besser sein. Eine Beruhigung für mich und alle Fans, den ausgerechnet Stroganow ist der Fels im Mark Brandis Universum, denn er begleitete ihn (bis auf zwei Ausnahmen) in allen Abenteuern und war ein verlässlicher Freund in allen Lebenslagen. Das Hörspiel lebt durch die Gespräche der Protagonisten, ganz so wie in den Paul Temple oder Peter Lundt Hörspielen. Ab und an durch die Gedankengänge von Mark Brandis ergänzt, was wundervoll in die Handlung passt.
Was mich zudem begeisterte, waren die wirklich exquisiten Geräuschkulissen des Hörspiels. Solch gute SFX habe ich noch nie erlebt und sie tragen einen erheblichen Teil dazu bei, das Hörspiel so eindrücklich zu gestalten. Da ich ja selber auch Hörspiele produziere, kann ich nur mit freundlichem Neid auf diese Produktion blicken, die eine absolute Präferenz bildet.
Wie Ihr hört bin ich vollkommen begeistert und harre mit hechelnder Zunge (natürlich bildlich gesprochen) auf den nächsten Teil. War doch nach Bordbuch Delta VII nicht unbedingt klar, ob die Verkaufszahlen so gut waren das der Verlag eine Fortsetzung kostentechnisch befürwortete. Doch das Glück war allen Fans hold und der zweite Teil steht kurz vor der Fertigstellung. Es wäre doch wirklich Schade wenn ausgerechnet das Startabenteuer mit dem Diktator Smith, welches über vier Bände geht, nicht zu Ende geführt werden könnte. Wenn die beiden Macher Balthasar von Weymarn und Jochim Redecker ihren Qualitätsstandard halten können, wovon ich überzeugt bin, dann können wir uns auf weitere spannende Abenteuer freuen.
Sprecher: Michael Lott uva.