Kleine Geschichte der „Schwalbe“
Ich hatte immer schon ein Faible für historische Geschichten. Vor allem wenn sie mir so „nah“ sind. Da ich in den sechziger Jahren aufgewachsen bin, gab es da lange Zeit auf der Landkarte immer zwei Deutschlands, nämlich die BRD und die DDR. Als kleines Kind habe ich das überhaupt nicht verstanden und erst sehr viel später, im Politikunterricht der Abendschule, hörte ich etwas vom Dritten Reich und allem, was danach passierte. Und so interessiert mich auch die Geschichte der DDR, denn sie ist so ganz anders, als meine eigene Geschichte in der BRD.
Auf meiner Suche nach solchen interessanten Geschichten stieß ich ja zuletzt schon auf das Buch „Computer in der DDR“. Eine wirklich gut und spannend geschriebenes Buch, dass es in der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen gibt. Und als ich dort ein wenig stöberte, fand ich weitere spannende Bücher. Ein paar davon möchte ich euch vorstellen.
Heute also die »Kleine Geschichte der "Schwalbe"« von Ulrike Schulz.
Wir müssen im Kopf behalten das wir ein Buch aus der Landeszentrale für politische Bildung vor uns liegen haben. Es geht also nicht um technische Dinge oder Modellvarianten die hier präsentiert werden sollen, sondern um die Geschichte eines Kleinrollers, den eine Firma kreiert hat, die es schon vor dem Zweiten Weltkrieg gab. Es geht also um die Firma Simson mit ihren Höhen und Tiefen und warum ausgerechnet die Schwalbe zum Kult geworden ist. Das ist sie nämlich nicht geworden durch ein "Ostalgie"-Phänomen, sondern weil nach der Wende viele Westdeutsche diesen kleinen und unkomplizierten Kleinroller für sich entdecken und es plötzlich wieder eine Nachfrage gab. Denn dieses Modell wurde bereits 1984 aus der Produktion genommen.
Aufgeteilt ist das kleine Buch in sechs Kapitel.
- Einleitung
- Die Geschichte der Firma „Simson“ 1856-1952
- Die Entstehung und Produktion von Kleinkraftfahrzeugen im VEB „Simson“ und IFA Kombinat für Zweiradfahrzeuge 1952-1984
- Die Nachleben der „Schwalbe“ 1989 bis in die Gegenwart
- Schluss
- Literaturverzeichnis
Ulrike Schulz hat ein Studium der neueren und neuesten Geschichte und der germanistischen Linguistik betrieben und abgeschlossen. Von daher hätte man vielleicht eine wissenschaftliche Abhandlung erwarten können, aber dem ist nicht so. Sie schafft es vorzüglich die Fakten und Geschichte dieser langen Traditionsmarke unterhaltsam und, wie ich vermute, wissenschaftlich korrekt zu präsentieren. Wer sich für solche Themen interessiert kann hier jedenfalls eine sehr kurzweilige Unterhaltung finden, die gut geschrieben ist, Spaß macht zu lesen und dabei auch noch einen guten Einblick in das Leben und die politischen Hintergründe der DDR gibt. Dabei schafft sie es auch unterschwellige persönliche Meinungen zu verhindern und sich rein auf die Fakten zu konzentrieren.
Das Buch an sich ist eine typische Produktion, wie man sie von einer Landeszentrale für politische Bildung erwartet. Ein Titelbild, das ein wenig an eine Andy Warhol Zeichnung aus den sechziger Jahren erinnert, auf der Rückseite das Schnittbild einer Schwalbe mit Erklärungen. Im Innenteil viele nette und schöne Fotos und ein Schriftbild nicht mit dem sonst üblichen Times Font. Die 160 Seiten lassen sich flott und zügig lesen und man erfährt viel über die Firma Simson, die politischen Umstände, und natürlich der „Schwalbe“.
Von meiner Seite aus eine klare Leseempfehlung, für die Leute, die etwas über die DDR, die politischen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten mit denen Firmen zu kämpfen hatten, und einer alten verlorenen Marke erfahren möchten.