von Stefan von der Heiden

Von der Stummfilmzeit bis heute

200 Seiten mit 127 farbigen und 104 SW-Abbildungen

 

Karl May ist nicht nur der meistgelesene Schriftsteller deutscher Sprache, sondern mit über 25 Kinoverfilmungen auch der erfolgreichste Vorlagengeber in der Geschichte der deutschen Filmindustrie. Beginnend mit dem ersten Stummfilm aus dem Jahr 1920, erscheinen seine Helden seit nunmehr einem Jahrhundert immer wieder auf den Kinoleinwänden. Die allseits bekannten Filme mit Pierre Brice und Lex Barker sind dabei bis heute die deutsche Filmserie der Superlative.

Über 200 Fotos und Abbildungen lassen eine außergewöhnliche Erfolgsgeschichte mit ihren vielfältigen Facetten Revue passieren. Teils noch nie veröffentlichte Werbemittel, Dokumente oder Dreharbeitenfotos geben zusammen mit den Filmbildern einen Einblick in die (filmische) Welt Karl Mays.

So weit der Klappentext. Zuerst hatte ich mich noch gewundert, warum die ganzen Serien, und auch die RTL Neuverfilmung nicht gelistet wurden, aber dann war ja klar, es geht nur ums Kino. Wer lesen kann und so weiter… :)

Der Bildband, mit dem schönen Titelbild und einem ungewöhnlichen Format, 22 x 19,5 cm, ist in mehrere Hauptkapitel aufgeteilt.

  • Die 1920er-Jahre - die Stummfilme
  • Die 1930er-Jahre - der erste Tonfilm
  • Die 1950er-Jahre - die ersten Farbfilme
  • Die 1960er-Jahre - die Karl-May-Filmwelle
  • Die 1970er- bis 1990er-Jahre - vereinzelte Annäherungsversuche
  • Die 2000er-Jahre - auf neuen Pfaden
  • Die internationale Vermarktung der Karl-May-Filme
  • Ein neues Jahrhundert Karl May im Kino beginnt

Was mir hier wieder negativ auffällt, es gibt kein Inhaltsverzeichnis. Warum frage ich mich? Auch in einem Bildband möchte man nicht suchen, wann welches Kapitel anfängt, sondern man möchte hinein schauen und dann zum gewünschten Bereich blättern. Aus meiner Sicht deutlich verbesserungswürdig.

Dafür entschädigt das ganze Bildmaterial. Leider sind die Filme aus der Stummfilmzeit, vom Ustad-Film, an dem auch Klara May beteiligt war, verloren gegangen. Das wäre aus heutiger Sicht sicher eine spannende Sache. Z.B. hat 1921 Bella Lugosi in »Die Teufelsanbeter« als Scheich mitgespielt, bevor er in die USA ging und dort eine Weltkarriere begann. So können wir nur ein paar der Programmhefte und Produktionsbilder bestaunen, die der Autor ausgraben konnte. Die Meinung zu den Filmen war recht unterschiedlich und leider kein finanzieller Erfolg.

In den 1930er Jahre versuchte man es dann mit dem Tonfilm, »Durch die Wüste«, mit Fred Raupach als Kara Ben Nemsi und Heinz Evelt als Hadschi Halef Omar. Aber auch dieser Film konnte beim Publikum nicht überzeugen. Man kann ihn heute auf YouTube finden und an der ein oder anderen Stelle finde ich ihn ein wenig befremdlich. Fred Raupach war sehr »blass«, wie ich finde. Das hat Karl Michael Vogler in der 1973erFernsehserie «Kara Ben Nemsi« um Klassen besser hinbekommen. Auch hier bietet der Bildband wieder ein paar sehr schöne Fotos.

Dann kamen die 1950er Jahre mit den ersten Farbfilmen. Aber auch hier erreichten die Filme keine großen Erfolge. Immerhin war die Besetzung mit Georg Thomalla als Hadschi Halef Omar und Theo Lingen als Lord Lindsay ein Glücksgriff, aber mit Viktor Staal als Kara Ben Nemsi leider auch ein Fehlgriff. Wenn man ihn sich anschaut, weiß man warum. Viel zu Steif und distanziert gespielt. Lustigerweise kann ich mich an ihn besser erinnern, als an Georg Thomalla und Theo Lingen. Die Einspielergebnisse reichten aber, um einen zweiten Film zu produzieren, »Der Löwe von Babylon«. Man ersetzte Staal durch Helmut Schneider, aber danach hatte sich Karl May auch in den 1950er Jahren wieder erledigt.

Dann das Jahrzehnt, das einen wahren Karl May Boom auslöste. Die 1960er Jahre, mit Pierre Brice als Winnetou und Lex Barker als Old Shatterhand. Vielleicht weil man sich auf die Wild West Erzählungen konzentrierte? Immerhin waren die 1950er und 1960er Jahre diejenigen, in denen der Westernfilm boomte wie nie zuvor und danach. Horst Wendlandt, der Produzent, hatte einen Glücksgriff mit »Der Schatz im Silbersee« und der Auswahl seiner Schauspieler. Es sollten zwischen 1962 und 1968 weitere 16 Kinofilme folgen, davon sogar ein paar, die wieder im Orient spielten oder in den Anden.

Als Kind habe ich alle Wildwest-Adaptionen im Kino gesehen. Einmal bin ich sogar später zur Geburtstagsfeier meiner Oma gefahren, weil ich vorher noch »Im Tal der Toten« schauen musste.

In den 1970er bis 1990er Jahren war ich mit andern Themen beschäftigt und so sind »Karl May« mit Helmut Käutner, und natürlich auch der DDR-Animationsfilm »Die Spur führt zum Silbersee«, völlig an mir vorbei gegangen. Letzteren habe ich mir, aufgrund dieses Bildbandes, gekauft und fand ihn wirklich gut gemacht. Ein wahres Kleinod, der unverdient vergessen wurde.

Dann war ich im Urlaub in Österreich. Direkt über der Grenze war der Ort Füssen, mit einem Kino. Eines Tages sah ich die Vorankündigung von »Der Schuh des Manitu«. Sieht ja lustig aus, dachte ich so bei mir. Zu diesem Zeitpunkt, 13.08.2001, war mir der Name Bully Herbig völlig unbekannt, und ich wunderte mich warum das Kino, an einem Montag, ausverkauft war. Die ganzen Anspielungen auf die Comedy-Serie kannte ich ebenfalls nicht, und ich war ziemlich verwundert, wenn das Publikum bei machen Szenen grölte, wie beispielsweise die Erwähnung von Prosecco. Aber den Film fand ich absolut großartig.

Den Zeichentrickfilm von 2009 kenne ich vom Namen her, habe sogar ein paar Szenen im Fernsehen gesehen, hat mich aber nicht wirklich gepackt.

Was der angekündigte neue Film »Der junge Häuptling Winnetou«, geplant für 2021, soll wohl 2022 in die Kinos kommen, so bringen wird? Lassen wir uns gemeinsam überraschen.

Da es sich hier um einen Bildband handelt, sind die Hintergrundinformationen natürlich anders gehalten, als in einem Filmbuch, wie beispielsweise im »Karl-May-Filmbuch« von Michael Petzel. Dort dürften mehr Hintergrundinformationen zu finden sein. Hier sind es die schönen Fotos, von verlorenen Filmen und alten Jugenderinnerungen und auch die seltenen Fotos, die den Reiz dieses Bandes ausmachen.


Medium gebundene Ausgabe
Erscheinungjahr2020
Verlag/LabelKarl May Verlag
AutorStefan von der Heiden
ISBN/Asin978-3-7802-3080-8